ASCHAFFENBURG. Der ausreisepflichtige Afghane, dessen Anschlag eine Schockwelle durch Deutschland schickte, soll zum Zeitpunkt der Tat schuldunfähig gewesen sein. Das hat ein Sachverständiger im Auftrag der Justiz festgestellt. Demnach sei Enamullah O. psychisch krank. Die konkrete Krankheit hält die Staatsanwaltschaft Aschaffenburg geheim, um die Persönlichkeitsrechte des mutmaßlichen Killers zu schützen.
Daher wird dem 28jährigen, dessen Asylantrag abgelehnt worden war, voraussichtlich auch kein Prozeß wegen Mordes und versuchten Mordes gemacht – der ursprünglichen Vorwürfe der Staatsanwaltschaft Aschaffenburg. Diese will nun vielmehr einen Antrag auf Eröffnung eines Sicherungsverfahrens stellen. Ziel: die „dauerhafte Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus“.
Der Täter war am 22. Januar im Aschaffenburger Schöntal-Park auf eine Kindergartengruppe losgegangen, hatte einem zweijährigen marokkanischen Jungen Schal und Mütze abgenommen und dann mehrmals mit einem 32 Zentimeter langen Messer auf ihn eingestochen. Danach stach er auf ein ebenfalls zwei Jahre altes syrisches Mädchen ein, das überlebte.
Ein unbeteiligter 41jähriger Deutscher, der mit seinem eigenen zweijährigen Kind gerade im Park unterwegs war, versuchte, den Opfern zu helfen. Er wurde von dem Messerstecher tödlich verletzt. Ein weiterer Helfer, ein damals 72jähriger Deutscher, überlebte trotz mehrerer Messerstiche.
Anschlag von Aschaffenburg veränderte Wahlkampf
Das Verbrechen veranlaßte die Union um ihren damaligen Kanzlerkandidaten Friedrich Merz (CDU), die Wahlkampfstrategie zu ändern und nun den Schwerpunkt auf die Migrationspolitik zu legen. In der Folge stellte Merz einen Fünfpunkteplan als unverbindlichen Entschließungsantrag im Bundestag zur Abstimmung – und erhielt mit den Stimmen von FDP und AfD eine Mehrheit. Das Zustrombegrenzungsgesetz scheiterte dann an zwölf Abweichlern aus der CDU/CSU-Fraktion. Danach riefen SPD, Grüne und Linke im Verbund mit NGOs zu Massendemonstrationen gegen die Union auf, die bis zum Wahltag andauerten.
Schon kurz nach dem Anschlag verbreiteten die Ermittler, Enamullah O. sei psychisch krank, denn in seinen Wohnräumen fanden sie entsprechende Medikamente. Nun teilte die Staatsanwaltschaft mit: „Der Sachverständige geht davon aus, daß dem Beschuldigten aus medizinischer Sicht infolge einer psychiatrischen Erkrankung die Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen, gefehlt habe.“
Staatsanwaltschaft will keine Anklage erheben
Der Gutachter nehme aufgrund seiner Untersuchung an, „daß die psychiatrische Erkrankung des Beschuldigten nicht nur vorübergehend ist und daß, sollte diese nicht dauerhaft zurückgeführt werden können, mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit mit weiteren, auch hochaggressiven Taten zu rechnen sei“.
Bis zu dem nun von der Staatsanwaltschaft beantragten Sicherungsverfahren bleibt der Täter in einer psychiatrischen Einrichtung. Bei dem Sicherungsverfahren wird es keine Anklage wie in einem normalen Strafverfahren geben. Es geht lediglich um die Unterbringung auf einer geschlossenen Station in einem Krankenhaus.
Der ausreisepflichtige Täter, der nicht abgeschoben wurde, war bereits vor der Tat von Aschaffenburg wegen mehrerer Delikte polizeibekannt und mehrmals vorübergehend in einer Psychiatrie. (fh)