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Finanzmarkt: Staatsdefizite zählen doch

Finanzmarkt: Staatsdefizite zählen doch

Finanzmarkt: Staatsdefizite zählen doch

Der US-Dollar brennt sprichwörtlich: Grund ist der Verlust der Bestnote durch die Ratingagentur Moody´s; Staatsdefizite zählen doch.
Der US-Dollar brennt sprichwörtlich: Grund ist der Verlust der Bestnote durch die Ratingagentur Moody´s; Staatsdefizite zählen doch.
Der US-Dollar brennt sprichwörtlich: Grund ist der Verlust der Bestnote durch die Ratingagentur Moody´s; Staatsdefizite zählen doch. Foto: picture alliance / blickwinkel/A. Laule | A. Laule
Finanzmarkt
 

Staatsdefizite zählen doch

Die USA verlieren ihre Bestnote durch die Ratingagentur Moody´s. Damit sind Anhänger der Modernen Geldtheorie blamiert, denn Staatsdefizite spielen eine Rolle. Nicht nur für Washington lohnt sich derweil der Blick nach Italien.
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Und da waren’s nur noch zwei: Von der Bestnote AAA hat nun auch die Ratingagentur Moody’s die Bonität der USA auf AA+ herabgestuft. Jahrelang behaupteten Anhänger der Modernen Geldtheorie (MMT), Staatsdefizite spielten keine Rolle mehr. Ratingagenturen und Märkte erteilen dieser MMT-Phantasie nun eine schallende Ohrfeige. Moody’s ist Nachzügler. Standard & Poors (S&T) und Fitch hatten diese Abstufung bereits 2011 und 2023 vorgenommen. Die erste Abstufung bei 14,8 Billionen Dollar Staatsschulden hatte Barack Obama noch abgewimmelt: „Amerika ist immer Dreifach-A.“

Heute ist Donald Trump Präsident, und folglich ist die Aufregung groß. Zumal die Herabstufung noch mit seinem Haushaltsgesetz zusammenfällt. Da scheint der Zusammenhang klar zu sein, die vorherigen Herabstufungen sind vergessen. Aktuell warnen Schlagzeilen vor einer Flucht der Anleger aus Dollar und US-Anleihen – wegen Trump.

Doch die Lage auf den Finanzmärkten ist weitaus komplexer. In den Monaten nach Trumps Wahl stiegen die Börsen auf euphorische Höchstwerte, sind seit dem Deepseek-Schock zumindest bei US-Technologiewerten wieder teilweise rückläufig. International haben die Börsen stark zugelegt. Nicht nur in Europa, auch in Südamerika und Asien sind Kursanstiege von 20 Prozent weit verbreitet. Anleger revidieren ihre Sicht der zu hohen Bewertungen von US-Aktien und extrem niedriger Bewertungen im Rest der Welt. Auch die historisch hohe Gewichtung des US-Markts im MSCI-Index beunruhigt.

Trump will schwachen Dollar

Es handelt sich um Umschichtungen der Portfolios, nicht eine plötzliche Flucht aus US-Aktien. Bei einer solchen würde man keine breit gefächerten Kursanstiege erwarten, schon gar nicht in Entwicklungsländern, sondern einseitige Kursanstiege in den sicheren Häfen Westeuropas und Japans.

Institutionelle Anleger verkaufen seit einiger Zeit US-Aktien. Daß US-Indizes nicht niedriger stehen, ist Privatanlegern zu verdanken. Die Großbank JPMorgan Chase schätzt, daß sie nach Ankündigung von Trumps Zöllen für 4,7 Milliarden Dollar Aktien kauften. In nur vier Stunden nach Herabstufung der US-Bonität sollen sie weitere 4,1 Milliarden in Aktien gesteckt haben. Während linke US-Professoren angeblich aus den USA flüchten, ist das bei Privatanlegern nicht der Fall.

Auch beim Dollar ist das Bild differenzierter. Trump will einen schwachen Dollar zur Förderung der Exporte. Die Dollarstärke der letzten Jahre ist in erster Linie der hohen Inflation unter Biden zu verdanken, derentwegen die Fed die Zinsen erhöhte, was den Dollar 2022 zur Parität zum Euro verhalf. In der heutigen Zinssenkungsphase ist eine Rückkehr des Dollars zum Vor-Corona-Niveau von 1,13 keine Überraschung. In den letzten Monaten ist er auch auf breiter Ebene gefallen, nicht nur gegenüber dem Euro.

Auch Japan versteigert Staatsanleihen

Ungewöhnliche Prominenz kam dem Taiwan-Dollar zu, von dem man seiner Stabilität zum US-Dollar wegen sonst eher wenig hört. Innerhalb weniger Tage stieg er um mehr als zehn Prozent. Treiber waren offenbar Lebensversicherungen, die der niedrigen einheimischen Zinsen wegen die Renditeversprechen an ihre Versicherten nur durch Anlagen in höher verzinste Dollar-Anleihen halten konnten. Doch als es Anfang Mai zu kurzen Wechselkursschwankungen kam und die Zentralbank nicht, wie erwartet, ausreichend intervenierte, brach Panik aus. Der Kurssprung des Devisenmauerblümchens wurde zum Zentrum der Finanzwelt.

Auch bei Anleihen kann man keine Flucht erkennen, obwohl die Auktion 20jähriger Anleihen im Mai zu höheren Zinsen führte. Die Auktion sah Gebote über 39 Milliarden Dollar bei einer Emission von 16 Milliarden. Die Auktionen in den zwei Monaten zuvor sahen vergleichbare Nachfrage: 36 und 34 Milliarden bei einer etwas geringeren Emissionshöhe von 13 Milliarden. Es war also nicht das Volumen, das schwächelte, und von dem man auf Flucht der Anleger schließen könnte. Vielmehr zeigt das gestiegene Zinsniveau, zu dem Gebote abgegeben wurden, wohin der Hase läuft.

Denn höhere Zinsen langlaufender Anleihen sind kein reines US-Phänomen. Auch in Japan wurde eine Auktion von 20jährigen Staatsanleihen ein paar Tage zuvor zur Beinahe-Pleite erklärt, allerdings mit einer gewissen Berechtigung: sie sah das niedrigste Bietervolumen seit einem Jahrzehnt. Die Anleihen rentieren mit mehr als 2,5 Prozent jetzt 0,5 Prozent höher als zu Beginn des Jahres.

Politischer Streit um die Anhebung der US-Schuldenobergrenze

Mit Flucht aus dem Dollar läßt sich das nicht erklären, wohl aber mit einer Wiederentdeckung solider Haushaltsführung. Denn höhere Zinsen langfristiger Anleihen trotz Zinssenkung der Fed sind eine vorhersehbare Folge der Haushaltsprobleme in den USA. Sie sind nicht plötzlich wegen Trump aufgetreten. Schon bei der Herabstufung im August 2023  – bei 33 Billionen Dollar US-Staatsschulden – hatte Fitch ein Haushaltsdefizit von 6,9 Prozent für 2025 vorhergesagt – also lange vor der Wahl 2024. Vorausgegangen war im Juni 2023 der Streit um die Anhebung der Schuldenobergrenze.

Unter dem Druck der Medien machten die US-Republikaner den historischen Fehler, Biden eine dauerhafte Anhebung des Defizits auf vier Prozent zu ermöglichen. Der legte drauf und verdoppelte auf acht Prozent. Die Effizienzbehörde DOGE wird nicht ausreichen, davon herunterzukommen.

Italien zeigt, daß es geht. S&P stufte kürzlich Italiens Bonität um eine Stufe auf BBB+ hoch, Moody’s stufte erst am 23. Mai den Ausblick auf positiv hoch. Seit 2020 sind Italiens Staatsschulden von 155 auf 135 Prozent der Wirtschaftsleistung gefallen. Draghis Reformen, von Meloni ausgebaut, erhöhten das Wachstum und die Einnahmen. Die Inflation leistete auch einen Beitrag. Jetzt hat das Land einen Primärüberschuß. In nur fünf Jahren stieg Italien vom hoffnungslosen Fall zum Vorbild auf. Vielleicht erleben wir ja, daß Draghis Empfehlungen auch auf EU-Ebene umgesetzt werden.

Der US-Dollar brennt sprichwörtlich: Grund ist der Verlust der Bestnote durch die Ratingagentur Moody´s; Staatsdefizite zählen doch. Foto: picture alliance / blickwinkel/A. Laule | A. Laule
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